Die Teutoburger Wald Eisenbahn wird eröffnet.
In Sichtweite der heutigen Kirche entsteht das Bahnbetriebswerk.
Wegen weiterhin steigender Schülerzahlen wird die Schule Hohne III gebaut (Schrägweg).
1945 wurde sie durch einen Bombentreffer zerstört. Die Schüler wurden anderen Schulden zugeschlagen oder wurden Im Gasthaus Kortkamp (Lienener Str.) unterrichtet.
Erst 1953 konnte die Schule wieder eröffnet werden.
Durch die Innere Mission erfolgt die Gründung einer "Kleinkinderschule" in der Krönerstr. 6 mit einer Gemeinde- und einer "Fabrikschwester".
Bis 1960 hält sich hier der Hohner Kindergarten.
Aber auch die Gesangsvereine sind aktiv. So errichteten die Sänger des Arion aus Findlingen das Denkmal für den "Isernen Biabaum" (= Eiserner Betbaum).
Für Konfirmationen ist das Vereinshaus zu klein: sie werden weiterhin in der Stadtkirche gefeiert.
Das Kriegsgeschehen hat unübersehbaren Einfluss auf die Konfirmationsurkunden: "Gott mit uns" sowie "Ein feste Burg ist unser Gott, ein feste Wehr und Waffen" lassen bereits patriotische Durchhalte-Parolen ahnen.
Die Bildunterschrift weist darauf hin, dass es sich bei den knieenden Jugendlichen um Kriegsfreiwillige handelt.
Am 12. April wird der Friedhof in Dienst genommen.
Pfingst-Montag (9.6.)
Bei einer Gemeindeversammlung im Hohner Vereinshaus wird eine erste positive Bilanz gezogen. Bereits 26.000 Mark konnten gesammelt werden. Die Baukosten für die neue Kirche sollen aber ca. 500.000 Mark betragen. Daher wird eine Sammlung in der Gesamtgemeinde angeregt [Zeitungsartikel].
Konfirmationsurkunden der noch gar nicht gebauten "ev.- reformierten Kirche zu Lengerich-Hohne" werden unterzeichnet mit: "Dein Seelsorger Fiebig".
Auch Hochzeiten werden bis 1925 im Beetsaal abgehalten.
Im März legt Baurat Karl Siebold eine Skizze für eine evangelische Notkirche in Hohne vor mit 460 Plätzen nach dem Prinzip "dehnbare Kirche" (die Kirche ist bei Bedarf um den Konfirmanden- Raum erweiterbar).
Dieser Entwurf stößt bei den Hohnern aber auf wenig Gegenliebe.
Im Sommer wird stattdessen der Architekt Albert Schmöler (Gelsenkirchen-Rotthausen) beauftragt, statt einer "dehnbaren" eine erweiterungsfähige Kirche mit bis zu 1.200 Plätzen zu planen. Zu diesem Zeitpunkt hat der Hohner Bezirk knapp 1.700 Kirchenmitglieder.
40.000 Mark hatten die Hohner bereits angespart. Hinzu kommt am 2. Juli eine Zusage von der Hauptverwaltung der Wicking-Werke (Münster) über 50.000 Mark plus kostenlose Zementlieferungen (ebenfalls 50.000 Mark) ergänzt am 26.9. durch ein Kaufangebot für das Vereinshaus Krönerstr. für 80.000 Mark.
Im März verwirft die Hohner Baukommission den Bau der Notkirche. Sie wollen eine Massivkirche und beginnen, intensiv Baumaterialien zu organisieren.
Zement ist durch die Wicking-Werke kein Problem, Teilmengen können sogar gegen Bruchsteine eingetauscht werden (Stock & Hagen, Bocketal).
Die Firma Schlenkhoff (Herne) wird überredet, kostenfrei Holz zu liefern. Man hofft eine zeitlang sogar auf eine Spende aus den USA (Carl-Friedrich Banning).
Bei der TWE beißt man sich allerdings die Zähne beim Versuch aus, die Frachtkosten für die Bruchsteine aus dem Bocketal zu reduzieren.
An der Hauptverwaltung vorbei schlägt die Kirchengemeinde der TWE eine Nacht- und Nebel-Aktion vor:
"Es ist eine rasche Regelung dieser Frage dringend geboten, und dürfen wir wohl annehmen, daß Sie ohne Fühlungnahme mit Ihrer Hauptverwaltung in der Lage sind, durch eine entsprechende Zusage die Durchführung des fraglichen Projektes weitgehendst zu fördern... Wir bemerken noch, daß sich Ihre Betriebsbeamten und Lokomotivpersonal dem Lieferanten der Steine, Herrn Stock gegenüber bereit erklärt haben, mit Ihrer Zustimmung die Abholung und Beförderung der betreffenden Waggons gerne kostenlos vorzunehmen; es dürfte unserer Ansicht nach doch unerheblich sein, ob Sie den Kohlenzügen in Brochterbeck noch einige Wagen mit Bruchsteinen anhängen lassen..."
(Schreiben an die TWE Betriebsverwaltung 4. Mai 1922)
Bei allen Vorbereitungen zum Kirchbau bleibt dennoch die Gemeindearbeit im Blick. So macht sich Pastor Fiebig für die Jugendlichen stark und schreibt an Dr. Mann von den Wicking-Werken am 26. April:
"Würden Sie wohl gestatten, dass wir mit unserem Verein Sonntag-Nachmittags in den Berg gehen zum Spielen? Es kommt ein Platz in Frage bei der sogenannten Talsperre - so von den Jungens genannt - die früher zu den Krönerwerken gehörte... einen Spielplatz müssen wir haben, wenn der Verein gedeihen soll..."
Im selben Brief wird auch die Gründung eines Posaunenchores in Aussicht gestellt.
Am 17. September wird unter kirchlicher Beteiligung das "Kriegerdenkmal" an der Bahnunterführung eingeweiht. Zuvor hatte Architekt Albert Schöler einen Entwurf eingereicht (6.1.1922) mit zeitgenössisch-patriotrischem Pathos:
"das Vaterland (der Adler) dankt seinen Helden mit dem verdienten Lorbeer. Dieser Lorbeer kann und darf nicht genommen werden, das ganze deutsche Volk hat Anrecht daran, deshalb beugt er sich - denn auch den Ruhm der reinen, blanken Waffe, der ehrlicher Gesinnung möchten uns die Feinde rauben - wie in schützender Wut über den seinen Helden gespendeten Lorbeer..."
Sollte die tatsächliche Ausführung aus guten Gründen schlichter ausgefallen sein?
Im Frühjahr ist Baubeginn der Kirche.
Pastor Fiebig war es gelungen, Dr. Mann von den Wicking-Werken (heute Buzzi-Dyckerhoff) als einen der treibenden Kräfte zu gewinnen.
Ihm zur Seite stand der Bauinginieur Johannes Butenweg und Professor Nieper.
Pastor Fiebig und Helfer sammelten in der Gemeinde, wo sie nur konnten. Was am meisten zu schaffen machte, ist die Inflation: so kosten im August 1923 drei Glocken aus Bochum 267 Millionen Mark. Im März 1924 sind es immer noch 3130 Goldmark plus Transport, Versicherung und Zoll aus dem besetzten Ruhrgebiet.
Stattdessen werden die Glocken mit Uhrwerk bei der Firma Ulrich und Weule (Bockenem) bestellt.
Mehrfach hatte Karl Siebold vom Betheler Bauamt Veränderungen eingefordert, schließlich handele es sich "nur um eine Landkirche".
Der Turm wird darum versetzt, aber gegenüber der Bauzeichnung vom Juni 1923 um ein Stockwerk erhöht. Der Kirchraum behält die Breite von 11 Metern, wird jedoch in der Länge eingekürzt, um Platz für den Konfirmandensaal und somit für bis zu 425 Personen zu schaffen.
Dennoch kommt herbe Kritik vom Hochbauamt Münster am 21. Mai: die im August eingereichte Dachkonstruktion sei nicht tragfähig, zudem sei die Kirche "im Inneren und Äußeren gleich unbefriedigend". Weiter wird gefragt, wo denn die kirchenaufsichtliche Genehmigung für den Bau sei?
Diese kommt erst am 5. August. Da war die Kirche bereits zu drei Vierteln fertig.
Am 22. Dezember bedankt sich Pastor Fiebig bei Dr. Mann für eine Spende zugunsten des Jugendvereins:
"Erfreulicherweise geht's mit der Jugendarbeit nun tüchtig voran,
seitdem der Jugendsekretär da ist."
Nach einem Bericht über die Finanzlage dankt er ebenfalls für "einen ganz prächtigen Weihnachtshasen", der ihm überbracht wurde.
Im Winter 1924/25 liefern die Hohner Bauern Roggen für den Kirchbau. Den erhalten Erwerbslose, die dafür die Sandsteine behauen.
Ab März läuten die Gußstahl-Glocken vom Kirchturm bei Beerdigungen. Bauarbeiten und Fundraising laufen auf Hochtoren.
Eingeweiht wurde die Kirche am 9. August (Zeitungsbericht). Die Decke im Chor war hellrot, die übrigen Wände zartgrün.
Das erste gemeinsame Lied in der neuen Kirche (bei noch unfertiger Orgel):
"Sollt ich meinem Gott nicht singen,
sollt ich ihm nicht dankbar sein..."
Noch im November weist der Orgelbauer Fleiter (Münster) darauf hin, dass 8.277 Mark an ihn zu zahlen sind.
Antwort der Gemeinde: "muß Ihnen zu meinem Bedauern mitteilen, ... sich wegen der Begleichung des Restbetrages noch zu gedulden."
Eine letzte Saalschlacht zwischen Kommunisten und Nationalsozialisten findet in der Gaststätte Brunsmann (Centralhof) statt.
Bei den Wahlen erreichen Sozialdemokraten und Kommunisten in den Stimmbezirken von Intrup und Hohne erstaunliche 56% (NSDAP 31%).
In den Dreißiger Jahren werden in der Kirche die Paramente ausgetauscht. Statt "Gott ist die Liebe" ist nun zu lesen "Jesu hilf siegen". Der tiefere Sinn ergibt sich aus dem Lied 373 aus dem Evangelischen Gesangbuch:
"Jesu, hilf siegen und laß mich nicht sinken;
wenn sich die Kräfte der Lügen aufblähn
und mit dem Scheine der Wahrheit sich schminken,
laß doch viel heller dann deine Kraft sehn..."
Mit Pastor Brandes stellt sich ein beachtlicher Teil der Hohner Gemeinde auf die Seite der Bekennenden Kirche (vgl. Stadtkirche 3).
Am 16. November wird Pastor Brandes zum Superintendenten der Bekennenden Kirche für den Kirchenkreis Tecklenburg gewählt.
Nach Abschaffung des Religionsunterrichts an den Schulen wird der dreijährige Konfirmanden-Unterricht eingeführt.
Wohl in Vorbereitung auf die Nürnberger Rassegesetzte (15.9.35) wird der Kaufmann Erich Gutmann am Samstag (!), 17. August, von "mehreren Hundert" unter Prügel in die Stadt getrieben. Ohne Anlass wird ihm "Rassenschande" vorgeworfen, um den politisch motivierten Boykott jüdischer Geschäfte voranzutreiben. Der Protest aus Hohne ist leise, obwohl Erich Gutmanns Mutter Minna (Hohner Spitzname "Philippina") regelmäßige Kirchgängerin war.
Knapp vor der Progromnacht 1938 gelingt Erich Gutmann mit Frau und Tochter die Auswanderung in die USA. Seine Mutter Minna war im April 1937 gestorben, der Vater Philipp und die Schwiegermutter Helene Grünberg bleiben zurück. Philipp stirbt in einem Frankfurter Altersheim, Helene in den Niederlanden kurz vor der Erteilung eines Ausreisevisums in die USA.
Pastor Brandes wird Mitglied im westfälischen Bruderrat der Bekennenden Kirche.
Wilhelm Niemöller predigt in der Hohner Kirche. Die sogenannten "Roten Karten" der Bekennenden Kirche sind als Ausweis mitzuführen.
Eine teure Reparatur der Orgel stand an.
Am 13. März treffen die ersten von 120 russischen Zwangsarbeiter ein im "Lager Leggemann" (Lienener Str. 45). Sie arbeiten für Gempt / Westfälische Union.
Am 14. März ist die Beerdigung von Friedrich Brandes, der mit 15 Jahren als Flakhelfer starb.
Ein in Reichskriegsflagge gehüllter Sarg, Ehrenspalier von Jungvolk und Hitlerjugend, Salutschüsse der Soldaten sind den älteren Hohnern noch in Erinnerung, allerdings mit gemischten Gefühlen.
Ab dem 18. März sehen die Hohner zusätzlich zu den Gempt-Arbeitern täglich die Kolonnen der 200 Häftlinge der Aussenstelle des KZ Neuengamme beim Schichtwechsel auf ihrem Weg von der Gaststätte Brunsmann zum alten Lengericher Tunnel.
Ab Juni befinden sich zunehmend Kriegsgefangene auf dem Dyckerhoff-Gelände.
Ab dem 16. Oktober werden über 60 russische Zwangsarbeiter in den Baracken des Reichsbahn-Ausbesserungswerkes untergebracht.
Ab dem 9. November wird die Ev. Schule Hohne zum Lager für Kriegsgefangene aus Italien.
Der Schul-Unterricht findet ersatzweise im Vereinshaus Krönerstr. und in den Dyckerhoff-Baracken an der Lienener Str. statt.
Kirchliche Stellungnahmen?
Meldekarte Stadtarchiv Lengerich
Beispiel eines Zwangsarbeiters:
Fedor Krawtschuk (auch Krastschuk oder Kraftschuk) war 19 Jahre alt, als er zum ersten Mal am 1.6. 1944 in Hamm als Zwangsarbeiter registriert wurde.
Nach einem kurzen Aufenthalt in Lengerich im Lager Oppermann wurde er am 13.3. in das Lager Leggemann (Gempt II) abgestellt. Als dort die Bomben fielen, wurde er für wenige Tage in das Lager Vereinshaus (Schulstr. 52) überstellt. Mit dem Einmarsch der Briten war er am 2. April 1945 frei
An einem Dienstag wird Hohne bombardiert. Ziel der Alliierten: Mit den Bahnanlagen die Nachschwubwege der Deutschen zu unterbrechen.
Die Aufräumarbeiten beginnen sofort unter Einbeziehung von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen.
Noch in der Nacht erreicht die Zug-gebundene 5. SS-Eisenbahnbaubrigade mit bis zu 160 Häftlingen den Lengericher Bahnhof zu den riskanten Aufräumarbeiten.
Der Luftdruck der Explosionen zerstörte die Fenster der Hohner Kirche. Sie wurden mit Holzverschlägen geflickt. Dennoch finden am Sonntag die Konfirmationen statt um 7 Uhr morgens.
Getroffen sind auch die Schulen Hohne 2 (Enge Gasse) und Hohne 3 (Schrägweg). Der Unterricht wird darum nach dem Krieg in Gaststätten und Wohnzimmer verlegt.
Am Montag ( 19. März ) folgt die Beerdigung von 25 Bombenopfern auf dem Hohner Friedhof (Liste).
Bis heute erinnert zwei Grabplatte an die insgesamt 48 Opfer des 13. März.
Auf dem Stadtfriedhof werden weitere Personen beerdigt (darunter 7 Zwangsarbeiter, 2 Zivilisten, 2 Soldaten). Die Katholiken verzeichnen auf ihrem Friedhof 3 weitere Todesfälle.
29.3.
Die über 100 Zwangsarbeiter für Gempt / Westfälische Union werden von der Lienener Str. 45 in das ev. Vereinshaus in der Schulstr. 52 umquartiert.
Noch Stunden nach der erfolgten Besetzung Lengerichs (2. April, Ostermontag) kommt es östlich der Hohner Kirche zu letzten Kampfhandlungen. Ein zerschossener britischer Panzer blockiert für eine Zeit lang die Lienener Straße.
Wenig weiter ein liegengeblieber Lastwagen der Deutschen. Abenteuerlustige Jungen finden am 7. April unter dem Fahrersitz eine Handgranate und zünden sie. Der 11jährige Friedrich Vahrenhorst stirbt durch die Explosion.
Am 18. April folgen zwei Erwachsene beim Versuch Munition zu entfernen.
* Bilder mit freundlicher Genehmigung vom Fotohaus Kiepker