STADTKIRCHE 1

Kaiser Konrad II. und Lengerich in der Schreibweise von 1147

1147

 

Lengerich wird erstmals in einer Urkunde erwähnt.

Acht Wochen vor seiner Teilnahme am 2. Kreuzzug liegt Kaiser Konrad III. an einem Landfrieden.

Kaiser Konrad III und Lengerich in der Schreibweise von 1147

Auf Betreiben von Wibald von Stablo bestätigt er deshalb der Herforder Abtei Besitzungen und Privilegien u.a. in dem neuen Kirchspiel Ibbenbüren, Lengerich, Lienen.

Heberollen aus Herford belegen, dass damit verbundene Steuern wenig später erfolgreich eingetrieben wurden (5 Höfe in Hohne, jeweils 1 in Amicthe und Wechte).

Ob dieses Steuerprivileg auf das Jahr 838 zurückgeht, als Ludwig der Fromme den Zehnten (Vorläufer der Kirchensteuer) aus Rheine, Wettringen und Schöppingen den Herfordern zuschlug?

Wir wissen es nicht, denn das Gebiet von Ibbenbüren, Lengerich bis Lienen war im Mittelalter ständiger Zankapfel zwischen dem Herforder Stift, dem Bistum Osnabrück und den Grafen von Tecklenburg. Wenig zimperlich schreckte man auf allen Seiten auch vor Urkundenfälschung nicht zurück...

Genauso im Dunkel liegt das Wissen über eine eventuelle erste Holzkirche in Lengerich. Irgendwann ab dem 9. Jahrhundert? Nicht einmal die Ausmaße sind bekannt.

Bis zur Säkularisierung 1802 konnte die Herforder Abtei ihren Einfluss auf das Gebiet von Ibbenbüren bis Lienen zumindest bei der Besetzung der Pfarrstellen halten.

Herford sicherte sich so Einnahmen aus den mit den Pfarrstellen verbundenen Grundstücken (in Lengerich "Widum" genannt).

Widum nach Urkataster 1823 (alte Rechtschreibung). Hinzu kamen noch Grundstücke zwischen Mühlenesch und Mühlenweg.

Die ersten Kirchen

1149

Im Streit um die Zugehörigkeit von Ladbergen (Bistum Osnabrück oder Münster?) wird eine Kirche zu Lengerich erwähnt.

Spätere Ausgrabungen ergaben zu diesem Zeitpunkt evtl. eine Saalkirche mit nur 5,5 Meter Breite.

 

1179

Nach der Schlacht auf dem Haler Feld (Lotte) unterwirft sich der kaisertreue Graf Simon  dem Welfen Heinrich dem Löwen.

 

1189

Graf Simon nimmt teil am 3. Kreuzzug unter dem Staufer-Kaiser Friedrich I. "Barbarossa", bleibt aber den Welfen treu.

 

1214

Sein Sohn Graf Otto I. unterliegt dem Staufer-Kaiser Friedrich II., wechselt die Seiten und beteiligt sich 1217 am Kreuzzug von Damiette

Nach Ottos Tod (1250?) teilten sich seine beiden Schwiegersöhne Otto II. von Bentheim und Heinrich von Oldenburg die Grafschaft.

 

1268

Als Heinrich von Oldenburg kinderlos verstarb, erbte Otto II. von Bentheim auch dessen Teil der Grafschaft Tecklenburg. Er nannte sich daraufhin Otto II. von Tecklenburg und regierte bis 1284.

2. Hälfte 13. Jahrhundert

wurde die erste Steinkirche abgerissen und durch eine doppelt so große ersetzt.

Von dieser Kirche sind bedeutende Teile der Südmauer mit dem romanischen Portal erhalten.

 

1327

Kurz vor seinem Tod lässt der kinderlose Graf Otto V. von Tecklenburg (Bentheim) in der Kirche einen besonderen Margareten-Altar errichten. Der Kinderwunsch erfüllt sich nicht, über seine Tante geht die Grafschaft Tecklenburg an das Haus Schwerin-Wittenburg-Boizenburg.

Über Ottos Tod hinaus kommen Wallfahrer zumindest am Margaretentag nach Lengerich. So schreibt Werner Rolevink noch 1474:

"In Lengerich hat die heilige Margareta ein Ehrenmal mit vielen Wundertaten. Auch gibt es da große Wallfahrt, häufig und aufwendig, Jahr um Jahr."

1328

Die Grafschaft Tecklenburg hat ihre größte Ausdehnung und reicht von Greven, Bevergern bis Friesoythe und Cloppenburg.

Hinzu kommt die Grafschaft Schwerin-Wittenburg-Boizenburg.

 

1358

wird die Grafschaft Schwerin verkauft.

In dieser Zeit wurde der bis heute bestehende, bereits gotische Turm an die 2. Steinkirche angebaut.

Kurz danach wird die älteste der Glocken Einzug gehalten haben. Gezeichnet mit einer Person mit Krone, Rad und Schwert wird sie der Heiligen Katharina gewidmet sein.

 

Katharinen-Glocke

Ritzzeichnung der Katharinenglocke

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1398

Der Bischof von Münster, Otto von Hoya, schließt Bündnisse gegen Tecklenburg mit dem Grafen von Bentheim und seinen Brüdern und Vettern, dem Bischof Johann von Paderborn und den Grafen von Hoya.

 

1400

Nach der verlorenen Fehde gegen dieses Bündnis schrumpft die Grafschaft erheblich. Greven, Bevergern, Cloppenburg und Friesoythe müssen an das Bistum Münster abgetreten werden.

Bescheiden sind im Vergleich dazu die Forderungen aus dem Bistum Osnabrück: Ein Drittel der Einnahmen aus Vigilen und dem Margaretentag der Stadtkirche erhält nun das Kloster Iburg.

 

1411

Eine interessante Übersicht über die Einkünfte an der Stadtkirche: Johannes Ludeking, Rektor der Margaretenkirche, schenkt der Kaland-Bruderschaft in Herford ein Haus, sowie eine Hausstätte mit drei anliegenden kleinen Häusern, vier Gärten und zwei Äcker. 

 

1491

Nach mehreren Fehden und Geldzahlungen geht die Herrschaft Rheda über in den Besitz der Tecklenburger Grafen.

Wirren während der Bauzeit der Stadtkirche

1491

Junggraf Otto kehrt der kirchlichen Karriere den Rücken zu. 1492 lässt er einen Ehevertrag mit Irmgard von Rietberg aufgesetzen.

 

1493

Graf Nikolaus III. ("der Böse") wird von seinem Sohn Nikolaus abgesetzt. Der ältere Sohn Otto befreit ihn. Durch die Vermittlung von Wilhelm von Jülich wird Nikolaus III. auf die Herrschaft Lingen begrenzt.

Zu dieser Zeit ist Friedrich Herwech der von Herford beauftragte Inhaber der 1. Pfarrstelle von Lengerich. Er zieht seinen Gewinn aus dem Widum, lebt aber 1490- 1502 außerhalb von Lengerich und lässt sich vor Ort durch Johann Schomeker vertreten.

Gebühren von Kirche und Margaretenkult werden weiterhin an das Bistum Osnabrück abgeführt.

Fertigstellung der heutigen Kirche

1497

Die neue Stadtkirche ist als spätgotische, asymmetrische Hallenkirche mit nur einem (verkürzten) Seitenschiff fertiggestellt. Die Sakristei ist dabei als letzter Anbau denkbar.

Die Einweihung erfolgt am 26. April (Tag nach dem Fest des Heiligen Markus).

Eine von vielen Besonderheiten der Stadtkirche: die Last des Gewölbes ruht auf nur einer Säule.

Die Beibehaltung von Südmauer und Turm der Vorgängerkirche führen zu manchen eigenartigen Übergängen.

So verfehlt das neue, steilere Dach die Turmmitte und verdeckt teilweise Schallöcher der Glocken.

 

Die Inschrift des Weihesteins nimmt Bezug auf die Tecklenburger Grafen, "die Steine lieferten."

Dabei wird es sich um die Brüder Otto VIII. und Nikolaus IV. handeln, die auch über den Tod des Vaters Nikolaus III.   (1508) hinaus gemeinsam auf der Tecklenburg regieren.

Auffällig: Ein direkter Bezug zur Abtei Herford besteht anscheinend nicht mehr. Statt an Herford wurden deshalb 18 Gulden für die Weihung der neuen Stadtkirche "sukzessiv" an den Offizial des Bistums Osnabrück gezahlt.

Beim Bau der Stadtkirche ist die Einwohnerzahl Lengerichs sehr überschaubar: gerade einmal 20 steuerpflichtige Höfe werden 1494 genannt.

1505

Die Kirche erhält eine weitere Glocke (von Walter Westerhues gegossen).

1508/09

zerstreiten sich die beiden Grafensöhne über die geplante Ehe von Nikolaus IV mit Eva von Nassau-Beilstein. Otto entführt seinen Bruder in Schale und setzt ihn gefangen.

Nach einem Jahr Gefangennahme erhält Graf Nikolaus auf Lebenszeit und ohne Vererbungsanspruch die Grafschaft Lingen.

 

 

 

1513

Graf Nikolaus stellt sich gegen seinen Bruder unter den Schutz des Herzogs von Jülich und Berg, 1526 unter den von Herzog Karl von Egmond (Geldern).

 

 

 

 

1524

Graf Otto überlässt die Herrschaft Rheda seinem Sohn Konrad.

Reformation

1527

Graf Konrad (*1493) heiratet die bereits evangelische  Mechthild von Hessen (*1490).

Mit der Hochzeit führte er die Reformation ein, allerdings nur an der Schloßkapelle in Rheda, wo er bis zum Tod des Vaters bleibt (1534).

1521

Zuvor waren Vater und Sohn auf dem Reichstag in Worms, um sich von Kaiser Karl V. die Privilegien und Regalien für die Grafschaft Tecklenburg bestätigen zu lassen und um die Grafschaft Schwerin zurück zu gewinnen.

 

 

 

 

 

Ob sie sich dabei von Martin Luthers Verhör beeindrucken ließen?

Wohl eher nicht. Zwar geht Graf Konrad 1522 als Junker an den Hof von Philipp von Hessen (*1504). Dieser wendet sich aber erst 1524 allmählich der Reformation zu und richtet sich eher an Philipp Melanchthon aus.

Hessen wird erst 1526 evangelisch, da ist Graf Konrad bereits wieder in Rheda.

Ob Hermann Keller (Amtsantritt 1527) am Hof in Tecklenburg die Reformation einführt, ist ebenso fraglich, denn der dort regierende Vater Graf Otto bleibt bis zu seinem Tod (1534) grundauf katholisch wie auch Graf Konrads Geschwister.

Das Kirchenbuch Wersen berichtet außerdem wenig schmeichelhaft, dass Keller "vor trunckenheit offt auff der Cantzell kaum aufrecht stehen" konnte und "sich durch Herrn Johan Husman vertreten ließ".

15.10.1534

Nach dem Tod des Vaters übernimmt Graf Konrad die Regierung in der Grafschaft Tecklenburg.

Sein Bruder Otto (+1562) wird für verrückt erklärt und abgefunden, die Schwester Anna wird unter Erbverzicht mit Philipp Graf von Solms-Braunfels verheiratet.

Erst jetzt lässt sich reformatorische Predigttätigkeit in der Grafschaft Tecklenburg nachweisen durch:

  • Johannes Pollius
    (1534 aus Soest zurückgerufen. Bis 1543 in Rheda, danach Superintendent in Osnabrück)

  • Jacob Leidigen
    (1535 aus Lippstadt vertrieben. Bis 1541 Schale, dann Lingen).

Im Gegensatz zu seinem Onkel (Nikolaus IV.) verhält sich Konrad neutral bei der Bekämpfung der Täufer in Münster.

 

1536

Als ein Indiz, dass die Reformation in Lengerich kaum tief verwurzelt sein kann, zeigt sich darin, dass Matthäus von Münster zu Vortlage zusammen mit Pastor Wesselinck in Hopsten ein Benificium zu Ehren der Heiligen Anna stiftet.

 

1538

Graf Konrad tritt als einziger westfälischer Landesherr dem Schmalkaldischen Bund bei.

 

1540

Graf Konrad setzt in Ibbenbüren Hieronymus Grest als Pastor ein, der "dat lutter und reine wort gots lernen, vortragen und predicken und darby de evangelischen ceremonien recht holden und brucken sal."

Grest muss 1547 Ibbenbüren verlassen und geht über Bad Salzuflen als Superintendent nach Esens.

1543

Noch vor Osnabrück verfasst Graf Konrad "alß eine van Gade verordente Overheet" eine landesherrliche, lutherische Kirchenordnung, die ihm erlaubt, direkt ins kirchliche Leben einzugreifen.

In einer Nacht- und Nebelaktion lässt Graf Konrad in der Sakristei der Stadtkirche den Vertrag austauschen, den der Priester Johann Groppiker mit der (katholisch bleibenden) Herforder Äbtissin Anna von Limburg-Styrum abgeschlossen hatte.

1546

Graf Konrad fällt unter Reichsacht nicht nur wegen seiner Konfession, sondern auch weil er sich weigerte für die 1541 an ihn gefallene Grafschaft Lingen die Lehnsabgaben an Kaiser Karl V. zu zahlen.

Ohne Unterstützung vom Schmalkaldischen Bund muss er kapitulieren und tritt 1547 die Grafschaft Lingen an Kaiser Karl V. ab.

Nur die Grafschaft Tecklenburg kann evangelisch bleiben.

 

1551

Lengerich wird Grenzstadt: im Nord-Osten befindet sich das Hochstift Osnabrück (später Königreich Hannover), im Westen die an Karl V. abgetretene Grafschaft Lingen (somit Spanien / die Niederlande).

1553

Graf Konrads Tochter Anna wird mit Eberwin III. von Bentheim-Steinfurt verheiratet.

 

1557

stirbt Graf Konrad. Es kommt zu heftigsten Konflikten zwischen Tochter Anna und Schwiegersohn Eberwin. So lässt Eberwin z.B. seine Frau auf der Tecklenburg gefangen setzen.

 

1560

Gräfin Anna sichert sich zeitlebens die Herrschaft über ihre Erblande Tecklenburg und Rheda.

GRÄFIN ANNA

1562

Nach dem frühen Tod ihres Mannes übernimmt Gräfin Anna elf Jahre lang die Regentschaft für ihren unmündigen Sohn.

Mit der Ritterschaft der Grafschaft einigt sie sich. So sollen u.a. keine Steuern ohne deren Einverständnis erhoben werden.

Sie erlässt auch eine Kirchenordnung. Über deren Inhalt ist allerdings nichts überliefert. Verfasser war der aus Utrecht stammende Hermann Meßmacher , ein Anhänger Calvins.

 

1565

Nachdem Meßmacher u.a. Bilder in der Bentheimer Hofkapelle entfernen ließ, entlässt Gräfin Anna den Hofprediger wegen seiner reformierten Tendenzen. Bis zu ihrem Tod hält sie am lutherischen Glauben fest.

 

1573

Auch nach dem Regierungsantritt ihres Sohnes Arnold besteht Gräfin Anna auf ihren Rechten in der Grafschaft Tecklenburg und der Herrschaft Rheda.

 

1574

Mit Johannes Blomendal erhält Lengerich von ihr den ersten lutherisch geprägten Pastor, der bleibt. Zuvor war er in Meppen, ab 1565 in Tecklenburg gewesen. Er starb 1607.

 

1576

Graf Konrad von Solms-Braunfels , Vetter der Gräfin Anna, fordert einen größeren Anteil am Erbe seiner Mutter Anna (Schwester zu Graf Konrad). Die Querelen dauern mehr als 100 Jahre und läuten den Verkauf der Grafschaft Tecklenburg an Preußen ein (1702).

 

1582

Gräfin Anna stirbt.

Fortführung der Reformation

1573

Nach von der Mutter durch Sondersteuern finanzierten Studienaufenthalten in Jülich, Straßburg und Kassel heiratet Gräfin Annas Sohn Arnold II. von Bentheim (*1554) am 26. Juli die reformierte Magdalena von Neuenahr-Alpen.

Wieder steht ein landesweiter Wechsel der Konfession an:

 

1575

Am 5. Dezember ließ Graf Arnold durch den reformierten Pfarrer Johannes Kemener an der Bentheimer Schloßkapelle das Abendmahl nach der reformierten Lehre feiern.

1584

Graf Arnold richtet auf Schloss Bentheim die Hochzeit aus für den 24jährigen Johann von Münster (zu Vortlage) mit Anna von Bevern.

Wenig später beginnt dieser auf dem Lengericher Gut Vortlage mit Hausandachten für Familie und Gesinde. Er orientiert sich dabei am Heidelberger Katechismus (1563).

1587

Der spanische Obrist Taxis von Deventer (katholisch) liegt im Juni wochenlang mit 8.000 Soldaten vor Lengerich, um weitere Soldaten anzuwerben gegen den protestantischen Moritz von Oranien.

Im August sucht Graf Arnold Unterstützung bei Graf Johann VI. (Statthalter von Gelderland 1578-81, Oberhaupt des Wetterauer Grafenvereins), der Beistand zusagt aber auch auf eine Intensivierung des reformierten Glaubens in Bentheim/Tecklenburg drängt.

1588

wird in der Grafschaft Tecklenburg das reformierte Bekenntnis zur Norm durch eine Kirchenordnung in enger Anlehnung an die von Moers und der Kurpfalz (Heidelberger Katechismus).

Der Gottesdienst wird als Predigtgottesdienst gestaltet in der Reihenfolge:

  • Singen von Psalmen,
  • Predigt,
  • Sündenbekenntnis,
  • Fürbitte,
  • Glaubensbekenntnis,
  • Segen.

In der Stadtkirche wird u.a. das noch bestehende Sakramentshäuschen entfernt und die steinernen Altäre werden durch einen Holztisch ersetzt unter Verwendung von Weißbrot statt Oblaten beim Abendmahl.

Lengerich erhält vom Grafen eine zweite (schlechter dotierte) Pfarrstelle.

17. JAHRHUNDERT

1606

Graf Arnold stirbt. Sein Erbe wird aufgeteilt unter die Söhne

  • Graf Adolf ( * 17. Juli 1577, Tecklenburg und Rheda)
  • Graf Arnold Jost (* 4. April 1580, Bentheim)
  • Graf Wilhelm Heinrich (* 13. Februar 1584 Steinfurt)

 

REFORMIERTE EHEBÜNDNISSE IN ANHALT UND HESSEN

 

1606 führten die Anhaltiner Fürsten Christian (Bernburg), Johann Georg (Dessau), Ludwig (Köthen) und Rudolf (Zerbst) 1606 die Pfälzer Kirchenordnung ein in »Continuierung des Reformationswerks« und suchen nach neuen Bündnispartnern. Im Haus Bentheim-Tecklenburg werden sie fündig:

  • Amoena Amalia heiratet Ludwig zu Anhalt-Köthen (1606).
  • Im Gegenzug heiratet Graf Wilhelm Heinrich 1617
    Anna Elisabeth von Anhalt-Dessau
    .
  • Die Schwester Anna war schon 1595 mit
    Fürst Christian I. zu Anhalt-Bernburg verheiratet worden.
    Fürst Christian I. wird 1606 erst Statthalter der Oberpfalz und 1610 Kanzler in Heidelberg unter Kurfürst Friedrich V. (1610- 20).

 

Die Verbindungen nach Hessen werden intensiviert durch die Heirat von:

  • Graf Adolf mit Margarethe von Nassau-Wiesbaden (1606)
  • 1608 folgt Graf Arnold Jost 1608 mit der Heirat von Anna Amalia von Isenburg-Büdingen ,
  • 1616 heiratet Konrad Gumprecht Johannetta Elisabeth von Nassau-Siegen .

 

1612

Professor Hermann Ravensperg (Arnoldinum Steinfurt 1612-14) regt bei Graf Adolf (Tecklenburg-Rheda) eine Visitation der Grafschaft an.

In Lengerich fällt Pastor Wessel Brumlevius auf. Ihm wird Nähe zum Arminianismus (Remonstranten) vorgeworfen, wie er u.a. am Arnoldinum (Steinfurt) von Conrad Vorstius gelehrt wurde mit Unterstützung von Graf Wilhelm Heinrich (Burgsteinfurt). 

Die Gemeinde stört das nicht. Trotzdem: Brumlevius' Nachfolger wird 1613 Joachim Neander (Neumann), der Großvater des Liederdichters mit dem selbem Namen.

Neander wechselt 1633 nach Bentheim und hält sich somit länger aus als seine Kollegen auf der 2. Pfarrstelle (Gert Wullen, Johan Schramm, M. Johan Speckmann, Herman Wellemeyer).

1613

Auf Veranlassung von Johann von Münster zu Vortlage (* 1560) werden in der Stadtkirche die alten Wandmalereien übertüncht.

Stattdessen werden Schrifttafeln aufgehängt, die mit weiteren Bibeltexten helfen sollen, sich ausschließlich auf das Wort Gottes zu konzentrieren.

Für seine Eltern [Gerhard +1567, Anna Santmans +1562] macht er allerdings eine Ausnahme: deren monumentaler Epitaph ziert bis heute die Nordwand des Chorraums.

Weitere Epitaphe der verschiedenen Linien des Hauses Marck kommen hinzu.

1619

Seit einem Jahr gährt es in Böhmen (Beginn des Dreißigjährigen Krieges), Kurfürst Friedrich V. lässt sich dort zum König wählen und löst eine europäische Krise aus.

Während der ersten Phase (Böhmisch-pfälzischer Krieg, 1618–1623) bleibt es in Lengerich ruhig, zumal 1609 bis 1621 ein Waffenstillstand zwischen den Niederlanden und Spanien ausgerufen ist.

Auf der Dordrechter Synode (1618-18) kommt es zum erbitterten Streit zwischen den Reformierten, an dem die Steinfurter Schule wichtigen Anteil hatte.

Erst jetzt lässt Graf Adolph die reformierte Kirchenordnung von 1588 drucken "zur Erhaltung guter Ordnung in Kirchen und Schulen." 

Diese Kirchenordnung gilt nicht nur in seinem Herrschaftsgebiet, sondern auch in den Grafschaften Bentheim, Steinfurt und Limburg (in der Grafschaft Tecklenburg bis 1713).

1623

Der Dreißigjährige Krieg kommt in Lengerich an. Im Sommer lagert der "tolle" Herzog Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel in Iburg. Seine Soldaten schwärmten aus und verlangen unterschiedslos "Kontributionen" aus den benachbarten Orten wie auch Lengerich. 

Herzog Christian war evangelischer (aber nicht anerkannter) Administrator des Bistums Halberstadt. 1620 Rittmeister unter dem niederländischen Fürsten Moritz von Oranien. Feldherr des 1521 abgesetzten „Winterkönigs“ von Böhmen, Friedrich V. von der Pfalz.
1623 befindet sich Christian auf dem Rückzug in die Niederlande.

Lengerich im 17. Jh: zu sehen ist u.a. der nach Süden hin noch größere Kirchplatz, der bis 1832 Lengerichs einziger Friedhof war.

1645

In Vorverhandlungen zum Westfälischen Frieden (1648) findet in Lengerich bereits am 24.5. 1645 eine Konferenz der Abgesandten der evangelischen Kurfürsten statt mit 10 Teilnehmern.

Wichtiger sind die ev. / kath. Vorverhandlungen vom 10. und 11. Juli (Lengericher Conclusum ).

Es wird vorgeschlagen, nicht nur den Kurfürsten, sondern auch den Reichsständen und freien Reichsstädten ein Mitspracherecht bei den Verhandlungen einzuräumen.

Als Tagungsort schieden Haus Vortlage, Haus Marck und die Iburg aus wegen ihrer Kriegsschäden. Lengerich dagegen war weitgehend verschont geblieben.

Als Tagungsstätte schriftlich erwähnt wird ein Haus "Koch" in Lengerich (heute Rathausplatz 3).

Ob die 12 Delegierten trotzdem in der Stadtkirche getagt haben?

Zu weiteren, inner-evangelischen Verhandlungen in Lengerich kam es 1646 am 16./17. August sowie am 18./19. Oktober.

"1671 ist durch Meister Hermann Kröger das newe Orgel alhier zu Lengerke gemacht und gegen Ostern verfertigt." (Kirchenbuch 1692)

1671

erhält die Stadtkirche eine neue Orgel, von der heute genau so wenig bekannt ist, wie von ihrer Vorgängerin.

1681

die bereits bei Johann von Münster zu Vortlage erwähnte Empore wird verlängert.

Die Südempore folgt erst 1837 (1956 Abriss).

Die Bibelsprüche an den Wänden werden übertüncht.

1686

Durch die Emporen wird es in der Stadtkirche wesentlich dunkler. Nach und nach werden Messing-Kronleuchter angeschafft.

Die Kirche ist komplett!

 

Stadtkirche Teil 2